Lerne Foday kennen

Vor dem Hauptbahnhof in Rom. Rom, Italien; 15. März 2019. ©Pamela Kerpius

Vor dem Hauptbahnhof in Rom. Rom, Italien; 15. März 2019. ©Pamela Kerpius/Migrants of the Mediterranean

 

 

Lerne Foday kennen.

Er ist 28 Jahre alt und kommt aus Sukuta in Gambia.

Um nach Italien zu kommen, durchquerte er sieben Länder: Gambia, Senegal, Mali, Burkina Faso, Niger und das gefährlichste von allen, Libyen.

Seine Reise dauerte zwei Monate und 24 Tage.

Nach einer Busfahrt von Senegal blieben er und sein Bruder 15 Tage in Guinea. Beide waren unterwegs, um Arbeit zu finden.

An einem Freitag erreichte er Agadez in Niger und blieb dort drei Tage lang in einem Lager. Dort hatte er genügend Essen und Wasser, um zu überleben. Er verließ Agadez am Montag für die Wüstendurchquerung.

Foday durchquerte die Sahara mit 27 anderen Menschen in einem Transporter; darunter war auch ein Mädchen. Im Fahrerhäuschen waren sieben Menschen und der Fahrer; die anderen waren auf der Ladefläche und hielten sich an Stöcken fest, die in den Boden eingelassen waren. Die Fahrt dauerte insgesamt drei Tage.

„Wenn du in der Wüste hinfällst, stirbst du da”, sagte Foday.

Als ein Mann aus Senegal in Fodays Transporter starb, hielten sie an, um ihn zu begraben und fuhren dann zur libyschen Grenze weiter.

„Was hast du in der Wüste gesehen”?

„Nur die Sonne”, sagte Foday, „und manchmal einen kleinen Baum.” Er sah Gräber für Menschen, die auf der Wüstendurchquerung gestorben waren. Er fragte sich, ob er überleben würde. Überall war Wüstenstaub. Und es war heiß, sogar nachts.

„Wir rannten um unser Leben”.


Um 3 Uhr morgens musste er warten, bis es hell war; dann konnte er nach Sabha in Libyen weiterreisen.

Noch am Tag seiner Ankunft in Sabha fanden er und sein Bruder Arbeit auf dem Bau – Foday als Schreiner und Maler, sein Bruder als Elektriker. Sie wurden von einem Nigerianer angestellt. Nach einem Monat verschwand der Nigerianer von der Baustelle und Foday und sein Bruder wurden vom Bauherrn ausgefragt. Der Eigentümer behauptete, dass er Nigerianer ihm die Arbeit am Haus schuldete und so wurden Foday und sein Bruder als Pfand von ihm entführt. Sie wurden drei Wochen lang gefangen gehalten.

Foday verlor alles Zeitgefühl. Es gab wenig zu essen. Er bekam täglich ein kleines Stück Brot und weniger als einen Liter Wasser am Tag. Er wurde geschlagen. Der Libyer bedrohte ihn mit einer AK-47. Sein Bruder wurde mit dem Gewehr geschlagen und gefoltert.


Sie flohen in der Nacht. Es dauerte 3 oder 4 Stunden, das Fenster hoch oben in der Wand aufzubrechen. Sein Bruder hob ihn hoch und schob ihn aus dem Fenster. Es dauerte weitere 10-20 Minuten, bevor sein Bruder es schaffte, herauszuklettern und wegzurennen.

Sie rannten die ganze Nacht. Sie hatten keinerlei Orientierung. „Wir rannten um unser Leben”, sagte er.

In einer unbekannten Stadt zwischen Sabha und Tripolis wurde Foday von einem Nigerianer untergebracht; er gab ihm Essen und einen Schlafplatz und Foday konnte sich duschen.

Als er in Tripolis ankam, hatte er Angst. „Jeden Tag hört man Schüsse. Es gibt kein Geld, kein Essen, kein Wasser”, sagte Foday. Er wurde zwei Tage lang von Schmugglern in einem Lager gefangen gehalten. Zu dem Zeitpunkt hatte er schon beschlossen, dass er nicht länger in ständiger Gefahr in Tripolis leben konnte.

Er wurde an die Küste geschmuggelt. Dort traf er auf 300 Menschen, die alle auf die Abfahrt warteten. Um 3 oder 4 Uhr morgens legten zwei Boote ab.

Foday überquerte das Mittelmeer am 20. Juni 2016 in einem Schlauchboot. An Bord waren 115 Menschen, darunter 6 oder 7 Frauen, die alle Babys in den Armen trugen; ein Baby war erst 3 Monate alt. Fodays Bruder wurde von ihm getrennt, schaffte es aber in das zweite Boot zu steigen.

Er fürchtete sich. Nach 4-5 Stunden sah er das Rettungsboot. Ein Hubschrauber war auch zur Stelle.

Auf dem Rettungsboot bekam er Tee und Kekse. Am 22. Juni 2016 kam Foday in Pozzallo auf Sizilien an.

Foday ist ein erstaunlicher Mensch.

Übersetzung von: HH