Lerne Gibbi kennen

Gibbi auf Lampedusa, etwa einen Monat nach seiner Rettung auf See. Lampedusa, Italien; November 2016. ©Pamela Kerpius

Gibbi auf Lampedusa, etwa einen Monat nach seiner Rettung auf See. Lampedusa, Italien; November 2016. ©Pamela Kerpius/Migrants of the Mediterranean

 



Lerne Gibbi kennen.

27 Jahre alt und aus Gambia.

Um Lampedusa zu erreichen, durchquerte er sechs Länder: Gambia, den Senegal, Mali, Burkina Faso, Niger und Libyen, das gefährlichste  von allen.

Seine Reise dauerte sechs Monate, fünf davon verbrachte er in Libyen. Von Agadez (Niger) aus durchquerte er gemeinsam mit 28 Personen die Sahara in einem Kleintransporter. Sie erhielten jeder fünf Liter Wasser. Er schaffte es mit Hilfe seines Fahrers, der niedrigere Tarife aushandeln konnte, durch vier Kontrollpunkte in der Wüste.

In Sabha, erzählt er, hätten sogar die kleinen Kinder Waffen. Sie werden ,kleine Jungs’ genannt und wurden mir in fast all meinen Interviews beschrieben. (Sie sind auch in ganz Tripolis unterwegs und rauben Migranten aus, die sich an bekannten Ecken auf der Suche nach Tagesarbeit versammeln).

Er blieb meistens auf dem Gelände, weil es zu gefährlich war, es zu verlassen. In seinem Haus lebten etwa 300 Menschen. Einige schliefen im Freien, weil nicht genug Platz war. Er verbrachte eine Woche auf dem Gelände und fühlte sich niemals  sicher.

Gibbi hielt in Bani Waled an, dann ging es weiter nach Tripolis, wo er drei Monate und zwei Wochen in einem Gefängnis irgendwo in der Stadt verbrachte. Mit weiteren neunzig Personen wurde er in einen Raum gebracht, in dem sich seinen Schätzungen nach  bereits 700 bis 800 Personen befanden.

Es gab kaum Nahrung oder Wasser: Jeden Tag teilte er sich einen Teller Makkaroni mit zehn weiteren Menschen. Er durfte täglich eine Tasse Wasser trinken. Männer, Frauen, Kinder und Babys befanden sich alle zusammen in einem Raum.

Man bot ihm an, sich für 1000 Dinar seine Freilassung zu erkaufen, aber er floh stattdessen. Es dauerte Tage, um die Flucht vorzubereiten. Eines Morgens, während seines erlaubten Toilettenbesuchs, ging er allein zu Fuß fort. Unterwegs hielt er Ausschau nach anderen Schwarzen, von denen er sich Hilfe erhoffte.

Gibbis Familie hielt ihn während dieser Zeit für tot, weil er nie zu Hause anrufen konnte. Er heiratete 2009 und hat mit seiner Frau einen fünfjährigen Sohn und eine etwa ein Jahr alte Tochter.

Er verbrachte einen Monat im Lager an der Küste , bevor sein Boot bereit war. Gegen 21.00 Uhr überquerte er in einem Holzboot mit 140 weiteren Personen das Mittelmeer. Es waren vierzig bis fünfzig Frauen an Bord. Sie waren acht Stunden lang auf dem Meer unterwegs.

Um 5.00 Uhr morgens wurde er von einem deutschen Schiff gerettet und dann der italienischen Küstenwache übergeben, die ihn nach Lampedusa brachte.

Er hatte als Mechaniker gearbeitet und setzt jetzt alles daran, um nicht aus der Übung zu kommen. Mit der Zeit möchte er Geld verdienen und seine Familie von Gambia zu sich holen.

Er trug immer dieselbe Baseballkappe und hatte seine Hände in seinen Taschen vergraben, um sich warm zu halten. Jeden Tag begegnete ich ihm auf der Via Roma. Er ist nett und freundlich und seine Augen leuchten, wenn er spricht.

Gibbi ist ein erstaunlicher Mensch.

Übersetzung von: BD