Lerne Alagie kennen

Alagie auf Lampedusa, ein paar Tage nach seiner Rettung. Lampedusa, Italien; Dezember 2017. ©Pamela Kerpius

Alagie auf Lampedusa, ein paar Tage nach seiner Rettung. Lampedusa, Italien; Dezember 2017. ©Pamela Kerpius/Migrants of the Mediterranean

 



Lerne Alagie kennen.

Alagie ist 25 Jahre alt und kommt aus Gambia.

Um Lampedusa zu erreichen musste er sechs Länder durchqueren: Gambia, Senegal, Mali, Burkina Faso, Niger und, das gefährlichste Land von allen, Libyen.

Alagies Reise dauerte fünf Monate. Er durchquerte die Sahara mit fünf Litern Wasser auf der offenen Ladefläche eines Kleinlasters mit 40 weiteren Menschen. Der Laster verließ Agadez in Niger um 8 Uhr morgens in einer Karawane, die einer bereits etablierten Route folgte.

Auf der Strecke gab es vier Kontrollen, an denen die Passagiere entweder bezahlen mussten oder sie wurden geschlagen, eingesperrt oder einfach vom Laster entfernt. Alagie erzählt, dass die Höhe des Betrags, der an den einzelnen Kontrollpunkten bezahlt werden muss, oft künstlich erhöht ist, so dass er sein Geld versteckte, um den Schleppern nicht zu zeigen, wieviel Geld er besaß. Die Fahrt durch die Wüste dauerte drei Tage.

Alagie kam in Sabha an und wohnte an einem Ort, „wo alle schwarzen Menschen schliefen.” Er verließ diesen Ort nicht, um, so seine Aussage, „sein Leben nicht zu gefährden.”

Er versteckte sich drei Tage lang in Bani Waled, einem Ort ungefähr 175 Kilometer südlich von Tripoli. Seine Reise nach Tripoli war sehr risikoreich, da er sich fortwährend in Gefahr befand, von der Polizei entführt zu werden. Vor seiner Abfahrt nahmen ihm die Fluchthelfer alles, was er besass, weg. Das einzige, was er behalten durfte, war die Kleidung, die er trug.

Alagie wurde in einen Kleinbus mit sehr geringer Luftzufuhr gesteckt, er hatte große Angst. Er verbrachte einen Monat und zwei Tage in Tripoli, bevor er weiter zur Küste ging, wo er auf das Boot wartete.

Er schlief ein einer niedrigen Lehmhütte, die er nur kriechend betreten konnte. Er hatte nicht viel Wasser, da es nur sporadisch in Einliterflaschen geliefert wurde. Er ernährte sich fast ausschließlich von Reis, es sei denn es gab ein gemeinsames Mittagessen, zu dem alle etwas beisteuern konnte.

Er wurde krank, aber er ging nicht zum Arzt, da er, so seine Worte, im Krankenhaus oder auf dem Weg dorthin getötet worden wäre.

Am 28. November 2016 überquerte er das Mittelmeer auf einem Gummiboot mit 130 weiteren Personen. Unter den Passagieren befanden sich auch 10 Frauen. Die Fahrt begann um Mitternacht und er konnte den Mond und die Sterne sehen.

Beim Morgengrauen hatte er Angst, da immer noch „kein Land in Sicht” war oder irgendetwas, was Hoffnung auf Rettung versprach, und das Wasser war nun schlecht geworden. „Wir erwarteten den Tod.”

Alagie war eiskalt. Das Boot war undicht. Sie benutzten ihre Kleidung, um das Wasser aufzuwischen und über dem Wasser auszuwringen.

Sie wurden am Abend von der italienischen Küstenwache gerettet, gerade als ein gefährliches Gewitter einsetzte. Alagie bedankte sich bei den Kapitänen, als er gerettet wurde.

Sie erreichten den Kai in Lampedusa am Abend des 28. Novembers, Blitze erhellten den gesamten Himmel. Mit Not entkamen sie dem Gewitter, und ein paar Minuten nachdem sein Bus vom Kai abfuhr, begann ein heftiger Platzregen:

Bild zur Verfügung gestellt von Mediterranean Hope.

Bild zur Verfügung gestellt von Mediterranean Hope.


Er ist die Nummer 122, die Nummer, die er vom italienischen Innenministerium bekam. Diese Nummer ist sein Reisepass, da er mit dieser in dem Flüchtlingslager in der Mitte der Insel identifiziert wird.

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2006 machte er seinen Schulabschluss und belegte anschließend Kurse an der Berufsschule. Er arbeitete als Maler und sagt, dass er gern beim Film arbeiten würde.

Alagie ist ein erstaunlicher Mensch.

Übersetzung von: SR