Lerne Almameh Kennen

Almameh auf der Piazza Vittorio, Rom, Italien. 1. März 2019. ©Pamela Kerpius

Almameh auf der Piazza Vittorio, Rom, Italien. 1. März 2019. ©Pamela Kerpius/Migrants of the Mediterranean

 



Lerne Almameh kennen.

Almameh ist 19 Jahre alt und kommt aus Gunjur, Gambia.

Um nach Italien zu gelangen, durchquerte er sechs Länder: Gambia, Senegal, Mali, Burkina Faso, Niger und das gefährlichste von allen, Libyen.

Er verließ Gambia am Freitag, den 25.September 2015 und war über ein Jahr unterwegs.

Zuerst reiste Almameh nach Burkina Faso, wo er sich einen Monat lang aufhielt. Anschließend reiste er nach Niamey und dann weiter nach Agadez, Niger, wo er sich erneut für einen Monat aufhielt, um nach Arbeit zu suchen.

Er fand Beschäftigung als Hilfsarbeiter für die Herstellung von Betonsteinen. Zur Entlohnung zahlte sein Arbeitgeber Almameh den Transport durch die Wüste.

Almameh durchquerte die Sahara auf der Ladefläche eines Pick-up Trucks zusammen mit 25 anderen Leuten. Sie hatten nicht genügend Wasser, fanden aber immer wieder Brunnen, um ihre Vorräte aufzufüllen. Die Durchquerung der Sahara dauerte insgesamt eine Woche. Alle Mitglieder seiner Gruppe überlebten, aber unterwegs sah er Leichname, die andere Gruppen einfach in der Wüste zurückgelassen hatten.

Almamehs erster Stopp in Libyen war Sabha, wo er drei Monate blieb. Er war dort um Arbeit zu suchen, wurde aber von Arabern gefangen genommen und die gesamte Zeit dort festgehalten. Dies war wie ein Gefängnis. Er wurde geschlagen und mit Stromschlägen gefoltert. Seine Entführer wollten, dass er seine Familie in Gambia anrief, um Geld für seine Freilassung zu erpressen, aber er hatte niemanden, den er anrufen konnte. Stattdessen musste er Zwangsarbeit leisten.

Mit einer Gruppe anderer Migranten plante er die Flucht. Er rannte die ganze Nacht, um den Schleppern zu entkommen, die ihm nachschossen und nachjagten. Die Schüsse zerstreuten die Gruppe und er verlor den Überblick über die anderen Flüchtlinge.

„In so einer Situation denkt jeder nur an sich”, sagt Almameh über die angespannte Lage während der Gewehrschüsse.

Er verbrachte einen Monat in einem Flüchtlingslager an einem unbekannten Ort und reiste dann weiter zu einer Stadt, an deren Namen er sich nicht erinnert, irgendwo zwischen Sabha und Tripolis.

„Die einzige Wahl, die man hat, ist
aufs Ganze zu gehen. Entweder man bricht aus
dem Gefängnis aus oder man stirbt”.


Almameh kam nach Tripolis, wo er Mustapha traf und drei Monate blieb. Es war gefährlich das Haus zu verlassen, um zu arbeiten, erzählt Almameh. Er wurde gekidnappt und die gesamte Zeit in der Stadt festgehalten.

Seine Gefangenschaft in Tripolis war so traumatisch wie in Sabha. Almameh wurde mit Elektroschock gefoltert, um Geld von seiner Familie in Gambia zu erpressen. Eine Familie, die er nicht hatte. Er konnte wieder entkommen, wusste aber nicht, wie es weitergehen sollte.

„Die einzige Wahl, die man hat, ist aufs Ganze zu gehen. Entweder man bricht aus dem Gefängnis aus oder man stirbt”, sagt Almameh.

Als er in Zuwarah, dem Schlepperlager am Mittelmeer, ankam, waren schon mehr als 300 Menschen dort. Das Dasein dort ist riskant. Die Grenzen des Lagers liefern Sicherheit, aber es gibt dort kein Wasser oder Lebensmittel um zu überleben. Wer hingegen das Lager verlässt, um Nahrung und Essen zu kaufen, riskiert es von örtlichen Libyern entführt zu werden.

Almameh überquerte das Mittelmeer in einem Schlauchboot mit 136 weiteren Flüchtlingen am 3. November 2016. Die Gruppe bestand aus 15 Frauen, einer unbekannten Zahl an Kindern und zwei Babies, eines zwei Monate, das andere vier Tage alt. Mustapha war einer der Mitreisenden.

Almameh war einer der jüngsten Passagiere, deshalb wurde ihm ein Platz auf dem Boden des Schiffes zugewiesen, welches sich im Laufe der Zeit langsam mit Wasser füllte.

Panik brach unter den Mitreisenden aus. Die Gruppe war mit Wasserreserven aufgebrochen, aber es gab nicht genügend für alle. Um einen Streit im Boot zu verhindern, der das Boot aus dem Gleichgewicht bringen könnte, warf ein anderer Passagier alle Wasserreserven über Bord.

Almameh sah ein Flugzeug, er sah auch ein Rettungsschiff in der Ferne, aber ihr Schlauchboot blieb unerkannt.

Er wurde schließlich von der Guardia Costiera, der italienischen Küstenwache, gerettet und kam in Trapani, Sizilien am 5. November 2016 an.

Almameh ist ein erstaunlicher Mensch.

Übersetzung von: IC