Lerne Amadou kennen

©Pamela Kerpius/Migrants of the Mediterranean

 

Von:
Pamela Kerpius

Aufgenommen am
8. April 2021

Veröffentlicht am
4. Mai 2021



Lerne Amadou kennen.

32 Jahre alt und aus Dakar, Senegal. 

Um Europa zu erreichen, durchquerte er vier Länder: den Senegal, Mauretanien, Westsahara und Marokko. 

Seine Reise dauerte etwa zweieinhalb Monate.

Amadou verließ den Senegal mit dem Bus auf einer zweitägigen Reise zur mauretanischen Grenze, wo er dann in einen zweiten Bus umstieg, um mit diesem durch Westsahara bis zur marokkanischen Grenze zu reisen.

An der Grenze wurden Polizeikontrollen und Deportationen durchgeführt. Er hatte Glück, sagt er, dass er nicht selbst geschnappt wurde und stattdessen einen Mann getroffen hat, der ihn an einen sicheren Ort in seinem Haus brachte, an dem er sich verstecken konnte. Von da aus reiste er weiter nach Rabat, der Hauptstadt, aber auf einer weniger befahrenen Straße, so dass er nicht von der Polizei entdeckt und geschnappt werden konnte.

Amadou hatte Kontakt mit einem Freund seiner Mutter, der ihn bei sich aufnahm. Dort versteckte er sich einen Monat und drei Tage lang. Er konnte nur nachts das Haus verlassen, andernfalls war es zu gefährlich, dass er gesehen oder seines Geldes oder Telefons wegen, oder wegen beidem, ausgeraubt würde.

Er stand in Kontakt mit einem Mann, der ihn letztendlich übers Meer bringen würde. Amadou blieb bei ihm für etwa einen Monat, ebenfalls um sich zu verstecken. Als nächstes ging es nach Tangiers, wo er in einem verlassenen Haus etwa 10 Tage blieb, das sich abgelegen in einem hügeligen Wald oberhalb des Meeres befand.

In diesem verlassenen Haus gab es mehr als einhundert Menschen, die sich dort aufhielten. Sie kamen aus Gambia, Nigeria, der Elfenbeinküste, der Republik Guinea Bissau und anderen afrikanischen Ländern. Unter ihnen waren sowohl Frauen als auch Kinder.

Täglich wären Gruppen in die Stadt unterhalb des Hügels gegangen, um Essen für das gemeinsame Mahl zu kaufen. Sie kauften Grundnahrungsmittel wie Reis, Nudeln, Milch und Brot. Ein Mann aus der Nachbarschaft stellte ihnen Wasser zum Trinken zur Verfügung. Manchmal bezahlten sie dafür. Andere Male gab er es ihnen kostenlos.

Der Schlepper verblieb gemeinsam mit Amadou und den anderen während dieses Aufenthalts in Tangiers.

Es war morgens als der Schlepper die Namen von einer Liste zu lesen begann. Etwa fünfzig oder sechzig Menschen wurden aufgerufen, einer nach dem anderen, sagte Amadou. Sie würden am Abend losfahren. Eine Ziege wurde anschließend bei einer Zeremonie für gutes Glück geopfert.

Abends wurden zwei Reihen aufgestellt, eine für die Männer und eine für die Frauen. Amadou war währenddessen durch den Regen rennend unterwegs, um die Gruppe an der Küste zu treffen und sich ihr anzuschließen. Unter ihnen waren auch andere. Nach etwa einer halben Stunde bezahlte sein Schmuggler die marokkanische Polizei, um sie den restlichen Weg zum Strand zu fahren.

Die Polizei und etwa zehn andere Menschen wurden zusammengerufen, um das Boot aufzupumpen. Amadou war unter ihnen. Es dauerte etwa 20 Minuten bis sie fertig waren.

Amadou durchquerte das Mittelmeer um 23:00 Uhr in einem Gummischlauchboot, gemeinsam mit 56 anderen Menschen, unter ihnen Frauen, von denen eine schwanger war, und Kinder. Er war 17 Stunden unterwegs bevor ein Flugzeug über ihnen flog. Er sah kurz darauf ein spanisches Schiff der spanischen Küstenwache, wie er glaubt. Die Rettungsmission ließ orange Boote hinunter, um ihn und die anderen Passagiere aus dem Meer zu holen. Alle haben überlebt.

Amadou kam im September 2018 in Spanien an. Es war ein Samstag. Wir trafen Amadou, der heute 35 Jahre alt ist, in Middleburg in den Niederlanden am 8. April 2021, wo wir seine Geschichte aufnahmen.

Amadou ist ein erstaunlicher Mensch.

Übersetzung von: CM