Lerne Douglas kennen

Douglas vor seiner Wohnung in Cosenza, Kalabrien. 19. Februar 2019. ©Pamela Kerpius

Douglas vor seiner Wohnung in Cosenza, Kalabrien. 19 Februar 2019. ©Pamela Kerpius/Migrants of the Mediterranean

 



Lerne Douglas kennen.

32 Jahre alt und aus Benin-Stadt, Nigeria.

Um nach Italien zu kommen durchquerte er drei Länder: Nigeria, Niger und das gefährlichste von allen, Libyen. 

Seine Reise dauerte knapp über einen Monat, er verließ Nigeria im Juni 2016.

Er war sechs Tage unterwegs bevor er in Agadez, Niger ankam. Dort blieb er in einem Lager, zusammen mit mehr als 200 Menschen. Während der fünf Tage, die er in diesem Lager war, gab es wenig Wasser zu trinken, gerade genug zum Überleben, zumeist nur salziges Trinkwasser aus dem Wasserhahn. 

Er durchquerte die Sahara auf der Ladefläche eines Pickups zusammen mit mehr als 30 Menschen, darunter auch zehn oder elf Frauen. Auch während dieser Fahrt war das Wasser knapp; also mussten er und die anderen schmutziges Brunnenwasser trinken, das sie auf der Route fanden. Leichen lagen verstreut auf der Strecke herum und er beschrieb, wie einige Mitreisende so verzweifelt durstig waren, dass sie das Wasser tranken, worin die Leichen lagen und verdarben. „Die Menschen tranken jegliches Wasser, das sie fanden … sie hatten keine Wahl”.

Er beschrieb die Wüste. Er sagte, während der Wüstendurchquerung „kann man Menschenschädel und deren Skelette im Sand sehen”, mitten im endlosen Horizont von Sand, Stein und Hitze; „ich hatte so viel Angst”. 

Alle Mitreisenden überlebten die Durchquerung und kamen nach sechs Tagen in Libyen an.

Er blieb zwei Tage in Gadron, Libyen bevor er nach Sabha ging, wo er sich eine Woche in einem Lager versteckte. 

„[Sabha] ist ein gefährlicher Ort”. Zwanzig andere Menschen waren mit ihm während er dort auf seine Weiterreise nach Tripolis wartete. Er erlebte wie einige Leute erschossen wurden. 

„Sie bringen ihre Waffen und schießen los. Sie haben keine Angst Blut zu sehen”, sagte er, „Libyen ist der schlimmste Ort auf dieser Welt – in der ganzen weiten Welt, Libyen ist der schlimmste Ort”.

Er sagte, während der Wüstendurchquerung
,kann man Menschenschädel und deren Skelette im Sand sehen’, mitten im endlosen Horizont von Sand, Stein und Hitze; ,ich hatte so viel Angst’


Er kam in Tripolis an und versteckte sich dort zwei Tage. „Man kann sich dort nicht frei bewegen”. 

Einige Menschen kommen mit mehr Geld in der Stadt an als andere. Damit können sie Essen und Wasser in Supermärkten kaufen; aber auch dieses bisschen Freiheit beinhaltet Risiko von Gewalttätigkeiten und Entführungen, sagte Douglas. Ein Freund von ihm wurde in einem anderen Haus von einem „kleinen Jungen”, einem jungen Libyer, erschossen. Ein anderer Freund wurde entführt und gegen Lösegeld gefangen gehalten. 

„Ich weinte von morgens bis abends”.

Er zog zum Küstenlager Sabratha weiter und blieb dort knapp über zwei Wochen. Dort gab es keine Dusche, kein Wasser; die Menschen schliefen auf dem Boden in Gebüschen. Die Menschen hatten Hautinfektionen, die Krätze, weil sie sich nicht waschen konnten oder sich mit Salzwasser waschen mussten. „Das Leben dort ist hoffnungslos”, sagte er. 

Um 3 Uhr morgens am 20. Juli 2016 überquerte Douglas das Mittelmeer in einem Schlauchboot zusammen mit 130 Menschen, darunter 20 bis 30 Frauen – einige waren schwanger. Keiner trug Schuhe oder hatte Metallstücke bei sich oder an seiner Kleidung damit sie nicht Löcher im Schlauchboot verursachten. Alle Fingernägel waren kurz geschnitten.

Trotzdem leckte das Boot. Leute schrien: „Das bedeutet den Tod! Wir werden alle sterben! Wir müssen nach Libyen zurück, wir müssen nach Libyen zurück”! 

Er erinnerte sich an die Schreie. „Sterbe ich so? Sterbe ich auf diese Weise? Das nächste, das wir sahen war ein italienisches Rettungsboot”.

Er war mehr als acht Stunden auf dem Meer. Seine Retter warfen Rettungswesten für alle ins Schlauchboot. Alle überlebten. Er kam am 21. Juli 2016 in Sizilien an.

Douglas ist ein erstaunlicher Mensch.

Übersetzung von: HM