Lerne Kelvin kennen

Kelvin, weniger als einen Monat nach seiner Rettung aus dem Mittelmeer. Lampedusa, Italien; November 2016. ©Pamela Kerpius

Kelvin, weniger als einen Monat nach seiner Rettung aus dem Mittelmeer. Lampedusa, Italien; November 2016. ©Pamela Kerpius/Migrants of the Mediterranean

 



Lerne Kelvin kennen.

20 Jahre alt und aus Nigeria.

Er durchquerte drei Länder, um nach Lampedusa zu gelangen: Nigeria, Niger und das gefährlichste von allen, Libyen.

Seine Eltern wurden wegen eines Landproblems erschossen und er floh. Kelvins Reise dauerte ein Jahr und zwei Monate.

Nachdem er in Niger ankam und die Sahara durchquerte, erreichte er Sabha, Libyen. Sabha ist die erste Stadt (oder eines der ersten Städte), die Migranten nach der Wüste erreichen. Die Namen dieser Städte werden in fast allen Geschichten wiederholt, sodass man genau versteht, wie die Erzählung weiter geht, bevor es ausgesprochen wird. Sabha ist eine gefährliche Stadt.

„Sie haben mich betrogen”, er sagte über die Schmuggler. Zuerst gaben sie ihm Essen und Kleidung. Dann wurde er an Schlepper verkauft.

Er war im Gefängnis. Es gibt viele große Räume, in denen die Gefangenen untergebracht waren; in seinem Zimmer waren 200 Leute. Er war acht Monate im Gefängnis. Er wurde jeden Tag „morgens und abends“ heftig geschlagen.

Er wurde sechs Monate lang jeden Tag durch einen Stromschlag gefoltert. Die Schlepper ließen ihn schließlich gehen, weil er kein Geld hatte und niemand, der eine Geldüberweisung machen konnte.

Er fand einen Mann, der ihm irgendwo in Tripolis Farmarbeit gab. Er erhielt Essen und das Versprechen einer Bootsfahrt als Bezahlung, aber kein Geld. Er arbeitete dort drei Monate lang; seine Hände bluteten jeden Tag von der Arbeit.

Als er die libysche Küste erreichte, schwamm er in dem Durcheinander hinaus, um auf das Boot zu gelangen. Er wollte nicht zurückbleiben und auf das nächste Boot warten (was Wochen oder länger dauern kann, wenn man kein Geld oder keine Kontakte hat, oder wenn das Wetter die Bootsfahrt zu gefährlich macht).

Er überquerte das Mittelmeer um 1.00 Uhr morgens in einem Schlauchboot. Es waren schwangere Frauen auf dem Boot. Er war 8 Stunden auf See, bevor er von einem deutschen Schiff gerettet und an die Guardia Costiera übergeben wurde. Er kam am 29. Oktober 2016 in Lampedusa an.

Kelvin will zur Schule gehen. Er liebt Fußball und lacht laut und viel, wenn man mit ihm sarkastische Witze macht.

Kelvin ist einer erstaunlicher Mensch.

Übersetzung von: SA

 
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©Pamela Kerpius/Migrants of the Mediterranean