Lerne Maiama, Mariama und Alagie kennen

(L-R) Maiama und Mariama, einen Tag nach ihrer Rettung aus dem Mittelmeer. Lampedusa, Italien; 29. November 2016. ©Pamela Kerpius

(L-R) Maiama und Mariama, einen Tag nach ihrer Rettung aus dem Mittelmeer. Lampedusa, Italien; 29. November 2016. ©Pamela Kerpius/Migrants of the Mediterranean

 



Lerne Maiama, Mariama & Alagie kennen.

Die erste Person der Familie, die ich traf, war Alagie, der große Bruder. Das war in den ersten Tagen meines letzten Aufenthaltes in Lampedusa. Er spazierte gerne in der Stadt herum, um sich die Zeit zu vertreiben. Nachdem wir uns kennengelernt hatten und am 28. November 2016 das Schiff ankam, in dem seine zwei Schwestern waren, beschlossen wir drei uns zusammenzusetzen und zu reden. 

Was folgt ist Alagies Geschichte. Er wollte nicht fotografiert werden.


Lerne Alagie kennen.

18 Jahre alt und aus Gambia. 

Um Lampedusa zu erreichen, durchquerte er sechs Länder: Gambia, Senegal, Mali, Burkina Faso, Niger und das gefährlichste von allen, Libyen. 

Seine Reise dauerte vier Monate. Er „half sich selber,” sagte er, indem er Gambia verließ. Als er Agadez im Niger erreichte war es heiß und es gab kein Essen oder Wasser. 

Alagie durchquerte die Sahara mit 25 anderen Menschen in einer Woche; sie hatten insgesamt 6 Gallonen Wasser. Er erreichte Libyen und blieb dort für drei Monate, zwei Wochen davon im Gefängnis. Er wurde jeden Tag geschlagen. Es gab kein Essen oder Wasser. Er suchte in Mülltonnen, um Essen zu finden. 

Als er schließlich das Gefängnis verließ, blieb er zwei Wochen lang im Küstenlager, wo er auf einer Matte schlief. 

Um 2 Uhr morgens überquerte er das Mittelmeer in einem Schlauchboot mit 140 anderen Menschen, darunter 12 Frauen. Sie waren sechs Stunden lang auf hoher See, ohne Kompass oder Handy, um ungefähr die Richtung zu bestimmen. 

Der Außenbordmotor ging kaputt und fiel ins Meer. 

Ich habe keine Informationen darüber, was er und die Anderen zwischen dem Zeitpunkt des Motorschadens und der Rettung durch die Guardia Costiera machten.

Seine Schwestern, Maiama Kam (17) und Mariama Bah (18) kamen am späten Abend des 28. Novembers an – im gleichen Boot, das ich in einer anderen Geschichte beschrieben habe und das nur ganz knapp einem starken Sturm entkam. 

Ich traf beide Frauen weniger als 15 Stunden nachdem sie ankamen und in Lampedusa registriert wurden. Wahrscheinlich noch unter Schock der Fluchterfahrungen, hatten die beiden fast nichts über ihre eigene Reise zu erzählen. Sie schwiegen, als ich sie darüber fragte.

Die drei Geschwister sprechen Mandinka (ein Dialekt, der in Gambia gesprochen wird) und Englisch; aber Alagie ist länger zur Schule gegangen als seine Schwestern und kommuniziert daher flüssiger. Er übersetzte häufig meine Fragen für seine Schwestern und es kann auch sein, dass sie nicht geantwortet haben, da sie mein Englisch nicht verstanden haben.

Eine Sache war aber ganz klar: alle drei wollen sich weiter ausbilden. Sie würden gerne sowohl besser Englisch, als auch Italienisch lernen. Alagie, so wie fast alle mit denen ich gesprochen habe, liebt Fußball. Sein Lieblingsverein ist Chelsea FC. Seine Schwestern wiederholten nur mit schüchternem Lächeln, dass sie gerne zur Schule gehen würden. 

Maiama, Mariama & Alagie sind erstaunliche Menschen.

Übersetzung von: PL