Lerne Moses kennen

Moses auf der Insel Lampedusa, drei Tage nach seiner Rettungaus dem am Mittelmeer. Lampedusa, Italy; 10 Mai 2017. ©Pamela Kerpius

Moses auf der Insel Lampedusa, drei Tage nach seiner Rettungaus dem am Mittelmeer. Lampedusa, Italy; 10 Mai 2017. ©Pamela Kerpius/Migrants of the Mediterranean

 



Lerne Moses kennen.

31 Jahre alt und aus Benin City in Nigeria. 

Um Lampedusa zu erreichen durchquerte er drei Länder: Nigeria, Niger und das gefährlichste von allen, Libyen. 

Seine Reise dauerte ein Jahr und drei Tage; er verließ Nigeria am 4. Mai 2016.

Er brauchte vier Tage um von Benin City nach Agadez im Niger zu gelangen, wo er mit dem Bus ankam. Es gibt in der Stadt überall Polizisten, die nach Migranten suchen; wenn sie dich aufgabeln wirst du zurück in dein Land deportiert. Deshalb wurde Moses geraten innerhalb eines Ghettos zu bleiben, das von Schleppern verwaltet wurde. Dort bezahlte er Menschen, die ihm Essen und Wasser in einem nahegelegenen Markt kauften; es war zu gefährlich, selber das Gelände zu verlassen. Über eine Woche lang blieb er im Ghetto, bevor er in die Wüste aufbrach.

Auf einer fünftägigen Reise durchquerte Moses die Sahara auf der Ladefläche eines Pickups mit 27 weiteren Menschen. „Die Sonne ist dort was gänzlich anderes. Sie ist wirklich unerträglich.” 

Er hatte insgesamt 4 Liter Wasser, die nicht reichten, aber erst wieder aufgefüllt wurden als der Pickup die Grenze zwischen Niger und Libyen erreichte.

An der Grenze fanden sie Wasser, aber sie befanden sich auch in großer Gefahr. Alle 27 Menschen im Pickup wurden für 200 Dinar pro Kopf an Leute der libyschen Mafia verkauft.

Die Kidnapper hielten sie in einem Gefängnis in Sabha gefangen, wo Moses gefoltert wurde, indem heißes Wasser auf seine Haut gegossen wurde. Er wurde schwer verbrannt und hielt sein T-Shirt hoch, um mir die Narben auf seinem Rücken zu zeigen. 

Er verbrachte dort mehr als zwei Monate im Gefängnis, bis seine Mutter und seine Brüder genug Geld für seine Befreiung sammeln konnten. Die Summe belief sich auf 2,500 Dinar, und war eine große Belastung für seine Familie, da es für arbeitende Nigerianer schwierig ist, so einen hohen Betrag aufzubringen. 

Das vielleicht Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass die Gefangennahme in Libyen und die Geldüberweisung nicht ohne Männer aus seinem eigenen Land hätte ablaufen können.

In Libyen haben
sie Gewehre so wie du und
ich Handys haben
 


„Sie würden uns nicht ohne Hilfe unser eigenen Landsmänner kidnappen können. Es wäre unmöglich,” sagte Moses. Dem Migranten wird ein nigerianisches Konto genannt, auf das seine Familie oder Freunde das geforderte Lösegeld einzahlen; ein nigerianischer Schlepper, der mit den libyschen zusammenarbeitet, hebt das Geld ab und bezahlt schließlich seinen Chef in Dinaren. Auch er hat eine Waffe. „Jeder in Sabha hat ein Gewehr, sogar meine nigerianischen Mitbürger.”

Er beschrieb junge Kinder, auch “small boys” genannt, die etwa 8 bis 10 Jahre alt sind und geladene Pistolen mit sich herumtragen: „Sie haben Gewehre so wie du und ich Handys haben.”

Er blieb in Sabha, war aber die meiste Zeit untergetaucht. Vor jedem Auto, das getönte Fenster hat, läufst du weg, sagte er, weil da normalerweise gefährliche Leute drin versteckt sind, die dich wieder kidnappen könnten.

Er und die sieben Anderen, die freigelassen wurden, fanden Arbeit in einer Autowäsche. Zusammen wuschen sie Autos und teilten die täglichen Einnahmen auf, bis sie genug hatten, um nach Tripoli zu kommen, was etwa einen Monat dauerte. 

Er arbeitete bei einem Gebrauchtwagenhändler, wo er Autos wusch und polierte. Er hatte Glück gerade bei diesem Arbeitgeber angestellt zu sein, da der Mann ihm Schutz gab, ihm Essen besorgte, so dass er nicht beim Einkaufen wieder gekidnappt würde, und ihm 300 Dinar pro Monat für seine Arbeit bezahlte. 

Er brachte genug Geld auf und begab sich in das Küstenlager in Sabratha, wo er mit 400 weiteren Menschen verweilte.

An einem Freitag um 23 Uhr durchquerte Moses das Mittelmeer mit einer Gruppe, die drei Kinder beinhaltete. Er war 18 Stunden lang auf hoher See bevor er am Sonntag, den 7. Mai 2017, gerettet wurde und in Lampedusa ankam; wir haben uns drei Tage danach unterhalten.

Moses ist ein erstaunlicher Mensch.

Übersetzung von: PL