Lerne Yanks kennen

Yanks, etwa 10 Tage nach seiner Rettung auf dem Mittelmeer und seiner Ankunft auf Lampedusa. Lampedusa, Italien. April 2017. ©Pamela Kerpius

Yanks, etwa 10 Tage nach seiner Rettung auf dem Mittelmeer und seiner Ankunft auf Lampedusa. Lampedusa, Italien. April 2017. ©Pamela Kerpius/Migrants of the Mediterranean

 



Lerne Yanks kennen.

20 Jahre alt und aus Serekunda in Gambia.

Um Lampedusa zu erreichen, durchquerte  er sechs Länder: Gambia, Senegal, Mali, Burkina Faso, Niger und das gefährlichste von allen, Libyen. 

Seine Reise dauerte etwas länger als ein Jahr. Nach zwei Wochen kam er von Senegal in Agadez im Niger an. Dort blieb er für kurze Zeit.

Er durchquerte die Sahara in einem Pickup mit 25 Menschen, eine Reise, die zwei Wochen dauerte. Die Wüstendurchquerung nahm mehr als zweimal so lang wie üblich in Anspruch, da der Pickup nach dem Verlassen von Agadez von Arabern angegriffen wurde, die das gesamte Geld der Reisenden entwendeten und sie für eine Woche als Geiseln nahmen. Yanks’ Fahrer wurde ins Bein geschossen. „Alle hatten Angst”, sagte er.

Er erreichte die Grenze und wurde für eine Woche in Baye in Libyen (der Name und die Schreibweise der Stadt sind nicht nachgewiesen) festgehalten, wo seine Kidnapper Bezahlung erzwingen wollten. 

Dann erreichte er Sabha in Libyen, wo er für drei Monate blieb. Anders als viele andere, die mir ihre Geschichte erzählten, konnte Yanks das Gelände verlassen, was er für seine tägliche Arbeit machte. Er fand Gelegenheitsarbeit als Bauarbeiter und verdiente so 5 bis 10 Dinar pro Tag.

Einmal wurde er ausgeraubt und sein Geld gestohlen; die anderen Migranten waren dadurch verängstigt. Es gab dort auch einen gambischen Mann, der von Arabern angestellt war und der Schwarze kidnappte und sie ins Gefängnis warf, um Lösegeld zu erpressen; die Gefahr durch diesen Mann war so groß, dass Yanks über dessen Ruf von Bani-Waled bis Tripoli in Libyen hörte, wo dieser anscheinend seine Geschäfte abwickelte. 

Yanks verließ Sabha und erreichte das Küstenlager in Sabratha, wo er 6 Monate lang ohne Schutz, Schlafplatz und Bademöglichkeit blieb. Als ich ihn Ende April 2017 sah, zeigte er mir die Narben auf seinen Armen und Händen von den Wunden, die er auf seiner Haut entwickelt hatte, weil er sich nicht hatte waschen können. Während der Zeit in Sabha konnte er sich auch nicht die Zähne putzen.

Das salzige Leitungswasser ist weder zum Trinken noch zum Waschen zu gebrauchen. Wasserflaschen sind teuer. Mit dem wenigen Geld was er hatte, kaufte er manchmal eine Flasche Wasser, um das Leitungswasser zu verdünnen.

Man sieht rein gar nichts.
Man sieht überhaupt kein Licht.
 

Während seines Aufenthaltes waren mehr als 500 Leute in Sabratha. Er sagte, dass es innerhalb des Lagers sicher sei, „nur draußen ist es problematisch”, wo die Migranten der Gefahr ausgesetzt waren, gekidnappt und versklavt zu werden. 

“Sicher” innerhalb des Lagers zu sein, so verstehe ich jetzt, heißt von den aktuellen Kidnappern überwacht zu werden, die Schlepper, die dich dorthin gebracht haben und wo du bleibst, bis du endlich ein Boot besteigst um das Meer zu überqueren. 

Das heißt, dass die aktuellen Schlepper deine “Besitzer” sind. Yanks sagte, dass selbst wenn du schon ein Boot bestiegen hattest, immer noch die Gefahr bestand, dass dich die Schlepper für 300 bis 500 Dinar an einen neuen Besitzer verkaufen würden. Sollte das geschehen, beginnt der Migrant einen neuen Kreislauf von Sklaverei und muß finanziell noch mal von Neuem beginnen, seine Freiheit und Flucht zu sichern: die Überquerung des Mittelmeers.

Yanks überquerte das Mittelmeer in einem Gummiboot an einem Freitag um Mitternacht mit 141 Personen, darunter 21 Frauen, von denen 5 schwanger waren. Auch ein Baby war an Bord. Yanks war für 12 Stunden auf offener See.

Ich forderte ihn auf das Meer zu beschreiben: „Man sieht rein gar nichts. Man sieht überhaupt kein Licht.”

Er wurde von der Guardia Costiera gerettet und nach Lampedusa gebracht, wo er am 16. April 2017 um 6 Uhr morgens am Ostersonntag ankam. 

Yanks ist ein erstaunlicher Mensch.

Übersetzung von: PL